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III.0 Der Körperbau von Zecken

Auf dieser in den Fachbereich der Allgemeinen Zecken­kunde ein­führenden Internet-​Seite wird ein gestraffter Über­blick über das Wis­sens­werteste zum Körperbau dieser Tiergruppe dargelegt und so soll das Wis­sens­werteste zur eindeutigen Erkennung von Mitgliedern dieser Tier­gruppe allgemein­ver­ständlich veran­schaulicht werden. Unter dieser Thematik subsumiert sind Daten zu der Zecken Körpergliederung, ihrer Körperhülle und deren Anhänge, den Beinen, den Sinnes- und den inneren Organen und ihren Funktionen.


III.1 Die Körpergliederung

In der besonders hoch entwickelten Arthropodengruppe Milben gliedert sich der Körper in den meisten Fällen in zwei, deutlich voneinander abgrenzbare und beweglich voneinander abgesetzte Körperabschnitte: Den vorderen Abschnitt um den Mund herum nennt man im Falle der Milben ⇒ Gnathosoma. Dieses Gnathosoma trägt allerdings im Falle der Zecken aus historischen Gründen den Namen ⇒ Capitulum. Es ist ein adspektorisch gut erkennbarer Körperteil, der den Mundbereich sowie die dazugehörigen Mund­werk­zeuge umfasst. Es ist eine abgeleitete Struktur, die nicht der stammesgeschichtlich hergebrachten Körper­gliederung eines Glieder­füßers entspricht und innerhalb der Kiefer­klauen­träger (Chelicerata) nur in der Gruppe der Milben ausgebildet ist. Es stellt somit eine ⇒ Autapomorphie dieser Gruppe dar. Dieser Körper­abschnitt entspricht genau dem, was häufig landläufig „Zeckenkopf” genannt wird.

Bild-Schema einer Schildzecke

Abb. 1: Die Körpergliederung einer Schild­zecke und die Festone (Pfeil).

Der übrige Körper heißt ⇒ Idiosoma. Dessen vorderer Abschnitt, dort wo die Beine ansetzen, wird von den Ento­mologen Podosoma ge­nannt. Er geht im Falle der rezent existierenden Zecken ohne erkenn­bare Grenze in den hinteren, Bein-​losen Abschnitt, das Opistho­soma, über. Diese etwas ver­wirrende Benennung beruht auf der Berück­sichtigung des Wissens über die Stammes­geschichte der Arthropoden: Das ⇒ Capi­tulum und das Podo­soma zusammen formen den vorderen, ursprünglich sechs Bein­paare tragenden Körper­abschnitt eines fiktiven Ur-​Arthropoden, der Prosoma genannt wird. Das Opistho­soma der rezenten Zecken ist hingegen in der uralten, angenommenen Gliederung des Ur-​Arthro­poden der beinlose, hintere Körper­abschnitt. Heute lässt sich an den Zecken diese altertümliche Körper­gliederung äußerlich nur mehr im Zuge einer Häutung feststellen, bei der eine temporäre transversale ⇒ Körper­furche genau an der Grenze der Abschnitte Pro- und Opisthosoma auftritt. Im Körper­inneren kann die stammes­geschichtlich alte Gliederung an den dorso­ventral verlaufenden Muskelsträngen nachvollzogen werden.

Im Falle einiger Schild­zecken­gattungen kann man möglicherweise zudem noch eine Andeutungen einer ursprünglichen Körper­segmen­tierung erkennen: Ihr hinterer Körper­rand ist mittels Kerben in neun bis elf Abschnitte unterteilt, der Einzelabschnitt heißt ⇒ Feston. Manchmal ist die Feston­reihe noch in einen größeren innersten Feston, auch Schwanzanhang oder Parma genannt, und acht bis zehn kleinere, äußere Festone gegliedert. Diese Festone sind auf dem Schema eines Rhipicephalus-​Männchens linker Hand gut zu erkennen.

 

Im folgenden Abschnitt wird detaillierter auf die Besonderheiten der Morphologie der Schild- und der Leder­zecken eingegangen, wobei als Basis das Opus von Woolley et Tyler [1988] herangezogen wird. Die beiden unten stehenden Bilder zeigen im linken Bild die Bauchansicht einer idealisierten erwachsenen Schild­zecke und die einer adulten Leder­zecke der Gattung Argas im rechten. Man beachte die Lage der Mund­werk­zeuge als ein die rezent existierenden Familien charakteri­sierendes Merkmal, die bei den Leder­zecken am lebenden, post­larvalen Tier unter dem Körper verborgen liegen, während sie bei den Schild­zecken vor dem Körper liegen und damit gut sichtbar sind.

Bild-Bauchansicht einer Schild­zecke        Bild-Bauchansicht einer Leder­zecke

Abb. 2: Bauchseiten einer adulten Schild- und einer Leder­zecke .
Abkürzungslegende: AN: Anus; CH: Chelizeren; CX: Coxa, dies ist einer der acht Beinansätze; GN: Gnathosoma (= Capitulum); H: Hypostom; GÖ: Genital­öffnung; KL: Klaue (besteht aus zwei „Krallen”); PP: Palpen; STI: Stigmen = Tracheenöffnungen (REM: Diese sind im Falle der Leder­zecken auf der Bauchseite nicht sichtbar); TA: Tarsus.


III.2 Das Gnathosoma

Das Capitulum

Bild-Mund­werk­zeuge von Ixodes ricinusDas Capitulum oder Gnathosoma = Rostrum ist aus den Mund­werk­zeugen und dem Kopfende einer an der Basis stehenden „Urmilbe” entstanden. Es ist ein wesentliches Merkmal für die Taxonomie und ein charakteristisches Merkmal für Zecken. Es sind die Mund­werk­zeuge und nicht - wie fälschlich immer wieder geäußert wird - der „Kopf” der Tiere. Denn: Bei keinem Arthropoden liegt der Haupt­teil eines Zentral­nerven­systems in diesem Körper­teil und bei keiner Zecken-​Art sitzen die Augen auf dem Capitulum. Dort gibt es ausschließlich Sinnesorgane für jene Sinne, die wir als Berührung und Geschmack bezeichnen. Das Capitulum ist der Teil des Körpers, in dem die Nahrung für die Verdauungs­organe aufbereitet wird. Selbst im Embryonal­stadium kann die Segmentierung nicht mehr erkannt werden, weshalb eine exakte Homologisierung der Teile unmöglich ist. Bei den Chelicerata wurde das erste Gliedmaßenpaar zu den Mund­werk­zeugen, den ⇒ Chelizeren. Diese, und nur diese, sind in dieser Tiergruppe in der Lage, Beute durch Zerzupfen zu zerkleinern. Den Chelizeren folgen nach ⇒ kaudal weitere stabförmige Extremitätenpaare, deren Coxen durch Ladenbildung zwar am Saugen beteiligt werden, jedoch niemals kauen.

 

Abb. 4 & 5: Die Bilder zeigen die Capitula einer Schild­zecke . Das Bild A zeigt ein Schema der ⇒ Ventral-, B eines der ⇒ Dorsalseite eines vollständigen, frei präparierten Capitulums . Das Bild zur rechten Hand ist eine Raster­elektronen­mikroskop-​Aufnahme. Die Nummern-​Kennzeichnung der Teile ist in beiden Bildern gleich: Römisch I bis IV bezeichnen die Glieder der Palpen (2). Der basale Teil des Gnathosomas, die röhrenförmige ⇒ Basis capituli (5), ist aus der Verschmelzung mehrerer Teile entstanden. Bei den Leder­zecken besteht die ⇒ Basis capituli aus einem gefalteten Kragen, der beim Saugen ausgedehnt werden kann. Bei den Schild­zecken besteht sie aus den ⇒ Coxen der nun seitlich von ihren Coxen gelegenen Palpen. Der dorsale Teil des Capitulums von Schild­zecken ist sklerotisiert und bildet ein Dach, das Tectum capituli (5), welches an den Seiten mit den Palpenbasen verwachsen ist. Die ⇒ Areae porosae (6) sind Drüsenareale, die nur die geschlechtsreifen Weibchen besitzen. Unterhalb der Kutikula und daher am lebenden Tier nicht sichtbar, liegen die zu einem Ring verschmolzenen maxillaren Subpalpuscoxen, Subcollare genannt (7). Die beiden ⇒ Chelizeren (3) sind messerartig geformt und mit Widerhaken besetzt. Das Hypostom (1) ist im Falle der Zecken zungenförmig ausgebildet. Die Mundöffnung liegt ⇒ median unterhalb der Chelizeren und oberhalb des Hypostoms. Sie ist sowohl in der Dorsal- als auch in der Ventralansicht am lebendigen Tier nicht sichtbar.

Bild-Mund­werk­zeuge von Haemaphysalis concinna
 

Die Chelizeren

Die Chelizeren werden von den Zecken zum Aufschneiden der Haut des Wirtes genutzt. Die Form der Zecken-​Chelizeren weicht von der der anderen Milben und auch der anderer Arachniden ab. Typischerweise bestehen sie aus drei Segmenten. Am distalen Ende der Chelizeren sitzen ein festes und ein bewegliches fingerförmiges Glied, die in der Gruppe der Milben häufig zu einer Schere umgebildet werden. Die Chelizeren der Zecken sind hochentwickelte und spezialisierte Organe, die der Penetration der Haut des Wirtes dienen. Sie bestehen entweder aus nur zwei Segmenten mit zwei beweglichen Fingern als Neu­bildungen oder aber aus den ursprüng­lichen drei Segmenten, wobei dann aber nur einer der beiden beweglichen Finger als „echtes” Endglied aufzufassen ist.

Bild-Chelizere einer Schild­zecke

Abb. 6: Die beiden Chelizeren einer Ixodes ricinus-Larve und das darunter liegende Hypostom. ©: unbekannt.

Das ⇒ proximale Ende des ersten Segments, der Teil, welches im Körper gelagert ist, ist verbreitert und blattförmig. An ihn setzen die Muskeln an, mit denen die Chelizerenfinger bewegt werden. Die beiden Finger an der Spitze der Chelizere sind mehr oder weniger dreieckig im Umriss und lassen sich sowohl nach distal als auch seitlich bewegen. Sie tragen an den Vorder- und Seitenkanten scharfe Schneiden zum Aufschneiden der Haut. An der Basis dieser Finger setzen die Muskeln an, die zum proximalen Teil der Chelizere führen. Mit den Chelizeren kann die Haut des Wirts aufgeschnitten, genauer aufgesägt werden. Die Chelizeren werden dazu vor- und rückwärts bewegt und so eine Grube in die Haut geschnitten. Ist diese tief genug um nicht aufzureißen, klappen die Chelizeren nach seitlich außen und die Zecke rammt mittels der Hebelwirkung ihr Hypostom in die Wunde. cit. Richter et al. [2013].

 

Die Palpen

Die ⇒ Palpen dienen den Spinnen­tieren einerseits als Tastorgane und andererseits dazu, die Nahrung zur Mund­öffnung zu führen. Zudem werden sie auch zur Reinigung der ⇒ Chelizeren genutzt. Bei den Zecken ist vermutlich nur die erste Funktion übrig geblieben. Milben-​Palpen wurden aus den Telopoditen, den Schreitästen des ursprüng­lichen Spaltbeins von Arthro­poden, des zweiten Extremitäten­paars gebildet. Zecken-​Palpen bestehen meist aus vier Segmenten. Bei den Leder­zecken sind diese Segmente ungefähr gleich lang und ohne besondere Modifika­tionen. Bei den Schild­zecken dagegen können die einzelnen Segmente sehr ungleich groß sein. Das vorderste Segment, der ⇒ Tarsus, ist sehr klein und liegt in einer kleinen Grube des dahinterliegenden dritten Segments verborgen. Die Form der Palpen ist derart modifiziert, dass die sie häufig das Hypostom und die Chelizeren umschließen und schützen, wenn sie entlang der Längs­achse des Tieres zusammen geklappt werden. Die Palpen der Zecken sind vermutlich sowohl mit Tast- als auch mit Chemo­rezeption ausgestattet.

Das Hypostom

Bild-Hypostom I canisuga

Abb. 7: Die Oberseite des Hypostoms von Ixodes canisuga mit der gut erkennbaren Blutrinne. ©: unbekannt.

Das ⇒ Hypostom dient einerseits zur Verankerung der Zecke im Gewebe des Wirtes und andererseits zur Ableitung des Blutes. Es kann in einer Analogie mit der hohlen Hand eines Menschen beim Wasser­schöpfen verglichen werden. Es dient - ähnlich einer Rinne an den Obstpressen - der Aufnahme und dem Transport des Blutes von der Blutkaverne bis zur Mund­öffnung. Gebildet wird das Hypostom aus den ⇒ median angeordneten Verbreiterungen der ⇒ Coxen des zweiten Extremitäten­paares, der Palpen. Es ist möglich, dass sich an der Bildung des Hypostoms auch der Rest einer Unterlippe beteiligt. Diese Teile bilden zusammen einen Boden vor der Mund­öffnung, der sekundär dann nach distal verlängert und in der Form umgebildet wurde. Es ist vor allem auf der Unterseite mit Widerhaken versehen, auf der in vivo nie sichtbaren Oberseite befindet sich die Rinne zur Ableitung des Blutes. Es wird beim Stichakt tief in die Haut des Wirtes versenkt und mit den Widerhaken dort verankert. Es ist daher art- und ­stadienspezifisch so geformt, dass es sich an die anatomischen Gegeben­heiten des Wirtstieres anpasst. Insbesondere muss die Länge des Hypostoms die Dicke der Epidermis des Wirtstieres übertreffen. Die menschliche Epidermis ist etwa 0,1 mm dick, das Hypostom eines erwachsenen Holzbocks ist etwa 0,5 mm lang. Die Form und Größe des Hypostoms sind wichtige ⇒ Bestimmungs­merkmale. Weil es ein Merkmal ist, das in allen, auch den ausgestorbenen Zecken­familien gefunden wird, soll es ein Indiz für ein ursprüng­liches Blutsaugen in diesem Taxons sein. Arten mit schnell­saugenden Vertretern zeigen eine klare Tendenz zur Reduktion der Zähne am Hypostom, nicht-​saugende Stadien besitzen manchmal gar kein Hypostom (mehr).

 

Die Areae porosae

Auf der Oberseite der ⇒ Basis capituli, direkt hinter dem Ansatz der Palpen liegen die ⇒ Areae porosae. Diese Areale gibt es nur bei den Weibchen von Schild­zecken, sie kennzeichnen diese auch. Die Areae porosae sind dicke Chitinplatten, die von Poren durchzogen sind. Bei manchen Arten sind diese Flächen unter die Ebene der ⇒ Basis capituli eingesenkt. Die Poren queren die Chitinplatte nicht vollständig. Sie enthalten ein Bündel von Borsten­haaren (⇒ Setae). Die genaue Funktion der Areae porosae ist nicht bekannt. Sie könnten ein Sinnesorgan sein oder, wahrscheinlicher, sie sind ein Areal mit Drüsenausfuhrgängen. Falls es sich um Drüsenausfuhrgänge handelt, dann haben diese Drüsen eine Funktion im Rahmen des Eierlegens. Manchmal wird behauptet, dass diese Drüsen Antioxidantien mit unbekannter Funktion absondern.


III.3 Das Integument und die Borstenhaare

Der Aufbau des Integuments

Milben sind von einem Integument, der Körperhülle, einem analogen Organ zur Haut eines Säugetiers, umhüllt. Das Integument ist ein typisches Merkmal aller Gliedertiere (⇒ Arthropoda). Eine aus nur einer Zellschicht bestehende Hypodermis (auch Epidermis) sondert Chitin und Proteine ab, aus denen sich das Exoskelett zusammensetzt. Dieses gibt dem Milbenkörper seine Form und dient den Muskeln als Ansatzareal.

Alles, was außerhalb der Hypodermis liegt, heißt Cuticula. Diese besteht aus Sklerotin, einem Komplex aus verfestigten Proteinen und Chitin. Die Cuticula gliedert sich in eine innen liegende Procuticula und eine außen liegende Epicuticula. Die Procuticula besteht aus vielen, in Schichten angeordneten Chitinlamellen. Man unterscheidet wiederum zwei größere Lagen: Die innen liegende Endocuticula und die außen liegende Exocuticula. Die Epicuticula besteht aus einer wachsartigen Außenhülle, dem Tectostracum und einer meist farbigen Innenschicht, dem Epiostracum, welches aus Chitin besteht. Von außen nach innen gereiht kann man also folgende Schichten feststellen:

  1. Epicuticula
    1. Tectostracum
    2. Epiostracum
  2. Procuticula
    1. Exocuticula (früher: Ectostracum)
    2. Endocuticula (früher: Hypostracum)
  3. Hypodermis (Epidermis)

Durch das ganze Integument ziehen sich Porenkanäle. Im ⇒ Taxon Schild­zecken ⇒ hypertrophieren die Hypodermiszellen während des Saugakts. Sie wachsen also während der relativ kurzen Zeit des Saugens sehr stark an, ungefähr auf das Vierfache ihres Ursprungs­volumens. Das Wachstum geht mit fein­strukturellen Veränderungen im Zellinneren Hand in Hand, und die Zellen sondern neue Cuticula­schichten ab. In den letzten 24 Stunden des Saugakts wird das Integument dann gestreckt, wobei seine Dicke auf die Hälfte des Wertes fallen kann, der vor dem Saugen vorlag. So kann sich der Körper von Schild­zecken während des Saugakts auf ein Vielfaches seines Ursprungs­volumens ausdehnen, ohne die „Haut” zu sprengen. Man vergleiche die Zeckenbeschreibung von Gaius Plinius Secundus Maior (23-79): Die Zecke zerplatzt bei Über­sättigung und stirbt von ihrer Nahrung. Allerdings hält sich dieses biologisch unsinnige Gerücht hartnäckig bis in unsere Tage.

Die Beschilderung der Zecken

Die Exocuticula kann durch Einlagerung von Proteinen sklerotisieren, dh verhärten, und sich dabei braun verfärben. Insbesondere im Falle der Leder­zecken sieht sie ledrig und/oder wie aus Horn gemacht aus. Dazu können noch Strukturen an der Oberfläche wie Furchen oder aufgewölbte Flächen, ⇒ Mamillen, ausgebildet werden.

Bei den Schild­zecken wird auf der ⇒ Dorsalseite durch die sklerotisierte Endocuticula ein starres Rückenschild, das ⇒ Scutum beim Weibchen, das ⇒ Conscutum beim Männchen, geformt. Dieses Schild ist von Bündeln an Kanälen durchzogen, diese werden an der Oberfläche zu Poren und von uns als ⇒ Punktierung wahrgenommen. Das Schild ist nicht dehnbar, auch während und nach dem Saugakt behält es seine Form und Größe bei. Am distalen Rand des Schildes finden sich bei vielen Arten zwei zahnförmige, nach vorne gerichteten Spitzen, die ⇒ Scapulae. Form, Umriss und Größe des Schildes sind wichtige ⇒ Bestimmungsmerkmale.

Bild-Bauchbeschilderung bei vier Schild­zecken­gattungen

Abb. 8: Die Bauchbeschilderung von Männchen der Gattung Hyalomma (A), Boophilus (obsolete Gattung) (B), Rhipicephalus (C) und Ixodes (D).

Es existiert die Ansicht, dass die Endocuticula den Leder­zecken gänzlich fehlt. Dagegen spricht aber die Ausbildung des Schildes bei den Leder­zeckenlarven. In der ledrig wirkenden, meist braunen Cuticula der Leder­zecken sind kleine sklerotisierte Plättchen, die Fossetten, eingebettet, an denen die Muskeln ansetzen. Auf der Oberfläche der Cuticula tragen sie außerdem kleine Schildchen, die Scutella, welche Borstenhaare (Setae) tragen. Nur die Larven der Leder­zecken tragen ein unregel­mäßig geformtes Schild. Leder­zecken scheinen also dieses Merkmal in ihrer Stammes­geschichte verloren zu haben. Dafür spricht, dass es eine Ausnahme gibt: Die Leder­zecke Nothoaspis reddelli Keirans et Clifford, 1975 ist auch als Adulttier ähnlich einer Schild­zecke beschildert und besitzt keine für die Leder­zecken typische weiche Cuticula am Rücken. Es ist nicht bekannt, ob diese Leder­zecke - aus­nahmsweise - auch eine Endocuticula besitzt.

Bild-Bauchbeschilderung von Ixodes

Abb. 9: Die Bauchbeschilderung eines von Ixodes ricinus. Kennungen: A.M.P: Analplatte; A.P: Paranalplatte; M.P: Mittel- oder Medianplatte; P.P: Prägenitalplatte; S.P: Epimeralplatte; St: Stigma mit Stigmenplatte.

Die Bauchseite der Schild­zecken ist beschildert, während die Leder­zecken dort keine nennens­werte Skleroti­sierung aufweisen. Die Art der Bauch­beschilderung ist für die Gattungs- und manchmal auch für die Artbestimmung verwertbar. Besonders augenfällig ist die Bauch­beschilderung von Zecken der ⇒ prostriaten Gattung Ixodes. Im Falle dieser Gattung tragen die einzelnen Schilder eigene Namen: Der ⇒ Anus ist von der ⇒ Analplatte umgeben. Links und rechts davon liegen zwei ⇒ Adanal­platten, manchmal als Par­anal­platten be­zeichnet. Auf diese folgen an beiden Seiten die Lateral­platten (in Abb. 9: Epimeralplatten), welche die Bein­ansätze tragen, und die ⇒ Spira­kular­platten, die auch Stigmen­platten oder -schilde genannt werden. Auf der Mittel­linie des Bauches zwischen ⇒ Anus und ⇒ Genital­öffnung liegt die un­paarige Genito­anal­platte, auch als Mittel- oder Median­platte bezeichnet, vor der Genital­öffnung die Prä­genital­platte. Vorne an den Seiten der Prägential­platte liegt bei einigen wenigen Arten noch eine kleine Sternalplatte, die oft auch schon in einzelne, kleine, dreieckige oder abgerundete Plättchen aufgelöst ist. Die Nuttalliellidae stehen, auch was die Beschilderung und Sklerotisierung angeht, zwischen den Schild- und den Leder­zecken.

 

Die Borstenhaare (Setae)

Bei den Borstenhaare (Setae) des Körpers unterscheidet man bei den Milben rund ein Dutzend verschiedener Sorten mit unterschiedlichen Funktionen. Die meisten haben Tastfunktion, einige dienen auch als Chemorezeptoren. Detailinformationen fehlen (mir) hier.

Die Körperfurchen

Bild-Körperfurchen bei Schild­zecken

Abb. 10: Die Furchen auf der Dorsal­seite einer Hyalomma-Art.

Sowohl die ventrale als auch die dorsale Körperoberfläche von Schild­zecken ist von ⇒ Furchen durchzogen. Diese Furchen haben am Hinterleib keine erkennbare biologische Bedeutung, am Schild vergrößern sie vermutlich die Ansatzareale der Mund­werk­zeugmuskulatur. Die Lage und der Verlauf dieser Furchen sind aber von hohem taxonomischem Interesse und wichtige ⇒ Bestimmungsmerkmale. Schulze [1930] schreibt, dass man vergleichend anatomisch scharf unterscheiden muss zwischen zwei Typen von Furchen:

  1. Den echten Furchen, Sulci genannt, die durch die Ansatzstellen der dorsiventral verlaufenden Muskulatur bedingt sind und ein Abbild der Darmdivertikeln bilden,
  2. und den „falschen” Furchen, Strigae genannt.

Diese Unterscheidung erscheint mir zwar zur anatomisch korrekten Bezeichnung der Furchen (zB Sulci paramediani postici) nützlich zu sein, zum Verständnis des Wesens der Tiere aber nicht viel beizutragen, und sie wurde international nicht übernommen.


III.4 Die Beine

Bild-Bein einer Schild­zecke

Abb. 11: Die Beinabschnitte einer Schild­zecke : C: Coxa; T: Trochanter; F: Femur; TI: Tibia; MT: Metatarsus; TA: Tarsus. HO: Das Haller'sche Organ.

Milben haben mit wenigen Ausnahmen als Larven drei Bein­paare, also sechs Beine. Alle anderen Stadien besitzen vier Bein­paare, also acht Beine. Dieses Merkmal unter­scheidet sie auf den ersten Blick von Insekten, die immer nur auf höchstens sechs Beinen laufen. Jedes Milbenbein besteht aus vier bis sieben, meist röhrenförmigen Abschnitten. Im Bild erkennt man am Bein einer Zecke diese Abschnitte. Es sind steife Chitinröhren, die durch dünn­häutige Verbindungen, die als Gelenke fungieren, zusammen­gehalten werden. Die Abschnitte werden in der Reihen­folge vom Körper nach außen wie folgt bezeichnet: ⇒ Coxa, Trochanter, Femur, Tibia, Metatarsus und Tarsus. An der Spitze jedes Beines sitzt eine Klaue, das Ambulacrum. Das Ambulacrum besteht aus einem basalen Teil, zwei Klauen in Form von Haken und einem ⇒ Pulvillus (= Empodium). Dies ist ein kissenartiges Organ, das aus feinen Härchen gebildet worden ist und den Tieren das Haften an glatten Oberflächen ermöglicht. Bei den nymphalen und adulten Argasiden (Leder­zecken) fehlen die Pulvilli oder sind nur rudimentär ausgebildet. In einer Grube im ⇒ Tarsus sitzt das Haller'sche Organ, dessen Bau und Funktion weiter unten genauer beschrieben wird. Dieses Organ ist ein besonderes Merkmal des ⇒ Taxons „Milben”.

 

Das Coxenexterieur

Bild-Beincoxa von Ixodes ricinus, Weibchen

Das links stehende Bild (Abb. 12) zeigt die vier Beincoxen der - ventral gesehen - rechten Körperseite eines Weibchens von Ixodes ricinus. Die Abbildung ist so orientiert, dass die vom Capitulum aus gesehene erste Coxa im Bild oben gezeigt wird und die Körpermitte des Tieres auf der linken Seite der Abbildung liegt. An den Seiten der Coxen, die zum Körperende gerichtet sind, dh den anatomischen Hinterseiten, erkennt man nach hinten gerichtete, in der Abbildung rosa eingefärbte ⇒ Dornen. Alle vier Coxen tragen einen von der Körper­mitte entfernt stehenden, dh distal gelegenen Außen­dorn. Die erste Coxa trägt zudem auch einen ⇒ proximal stehenden Innendorn. Die Dornen dienen vermutlich der Verankerung des Blutsaugers im Haar- oder Federkleid des Wirtes, bei den Männchen auch zur Verankerung am Weibchen bei der Kopulation. Die Existenz und die Ausbildung der Innen- und Außen­dornen ist für die Diagnose von Ixodes-​Arten ein wichtiges Merkmal.

Bild-bifide CoxaManche Schild­zecken, insbesondere die Männchen von vielen Dermacentor-​Arten und beide Geschlechter in der Gattung Hyalomma, besitzen ⇒ bifide erste Coxen. Dies sind tief zweigespaltene Coxen, also Coxen mit einem tiefen Einschnitt, nicht nur mit zugespitzten Dornen. Solche Coxen dienen vermutlich der Verankerung des Tieres am Geschlechtspartner. Solch eine bifide Coxa ist rechts in Abb. 13 zu sehen.


III.5 Die viszerale Anatomie

Bild-Innerer Aufbau

Abb. 14. In dieser Abbildung kann man den inneren Bauplan der heimischen Taubenzecke Argas reflexus, einer Leder­zecke, studieren. cit. Grzimek [1980]. Die wichtigsten Organe und Organsysteme sind koloriert dargestellt:

Graugrün und außen ist die Kutikula, die aus dem äußeren Keimblatt (Ektoderm) entstanden ist,

gelb sind die aus dem inneren Keimblatt (Entoderm) entstandenen Blindsäcke des Darms, die Wohnstätten der Kommensalen,

die großen, grauen, an einen Handschuh erinnernden Strukturen am Vorderende sind ein Drüsenorgan, das Gené'sche Organ,

das Tracheensystem ist weiß dargestellt, eine der beiden paarigen Öffnungen ist auf der rechten Seite des Schemas dargestellt,

mittelgrau sind die hinteren Blindsäcke des Enddarms,

blau ist das Nervensystem, dh der Nervenknoten,

karminrot die wenige Muskulatur, deren dorsiventral verlaufenden Teile im linken Bildteil querschnittig als kleine Ringe erscheinen,

zinnoberrot sind die weiblichen Fortpflanzungsorgane,

grün ist das wichtigste Ausscheidungsorgan, die Malpighischen Gefäße, und

purpur, klein, dreieckig und fast genau zentral gelagert, aber nur auf der linken Seite sichtbar, ist das Herz.


III.6 Die Verdauungsorgane

Der Darmtrakt

Genau wie der Darmtrakt anderer Glieder­tiere besteht der von Milben aus drei Hauptteilen: Dem Vorder-, dem Mittel- und dem End­darm. Der Vorderdarm (Stomadaeum) besteht aus der Mund­öffnung, einer sklerotisierten Pharynx und dem Ösophagus. Danach folgt der Mitteldarm (Ventriculus oder Magen) mit den - falls vorhanden - daran hängenden Caeca (Blindsäcke, bläschen­förmige Behälter, die die Kommensalen und Symbionten beherbergen). An den Mittel­darm schließt sich der Enddarm (Proctodaeum) an. Die Speichel­gänge gehören nicht zum Verdauungs­trakt, sie sind allerdings Organe, die der Verdauung der Nahrung dienen.

Der Pharynx ist elastisch und kann durch relativ starke Muskeln bewegt werden. Auf diese Weise kann der- sowohl ganz verschlossen werden, wenn die Milbe gerade keine Nahrung zu sich nimmt, als auch Saug­bewegungen durchführen, mit denen flüssige Nahrung sehr effektiv in den Darm gepumpt werden kann. Feste Nahrung können Zecken nicht aufnehmen. Der Pharynx verengt sich zu einem langen Schlauch, dem Ösophagus. Dieser verläuft mitten durch das Synganglion (Gehirn) und endet im Ventriculus, dem Analogon zum Säuge­tier­magen. An den Ventriculus angefügt sind fünf oder, normalerweise, sieben Paare von Säckchen, die Caeca, aus denen wiederum kleinere Gänge abgehen. Diese Caeca beherbergen die Symbionten, die zur Verdauung des Blutes notwendig sind. Bei allen Zecken neigt der schmale Endab­schnitt des Mitteldarms, der in den Enddarm mündet, zur Umbildung in einen lumenlosen Zellstrang und damit zum Verschluss des Darmes mit Funktions­losigkeit des After (⇒ Anus) als Kotaus­scheidungs­organ. Bei der Gattung Ixodes führt ein enger, aber durch­gängiger Schlauch in den Enddarm. Dieser besteht aus einer Reihe hinter­einander liegender Abschnitte und er endet schließlich im Anus, der im Falle der Gattung Ixodes auch (noch) genutzt wird.

Die Speicheldrüsen und -gänge

Bei den Milben besteht der Speichel absondernde Teil aus meist verzweigten Speichel­gängen, die in kleine Bläschen, den Alveolen, münden. Die Zellen, die die Wände der Alveolen bilden, sondern den Speichel ab. Die Gesamtheit der Speichelgänge und Alveolen werde ich im Folgenden mit Speicheldrüsen bezeichnen. Im Mundbereich enden die Speichel­drüsen in einem Gang, der sich zwischen dem Hypostom und den ⇒ Chelizeren in den Mundraum öffnet. Prinzipiell unterscheidet man bei den Ixodida zwei Typen von Alveolen: Pyramiden-​Alveolen und Sekretions-​Alveolen. Die letzteren sondern den Speichel ab. Die Funktion der ersten ist nicht hundertprozentig klar, aber man vermutet, dass sie osmo­regulatorisch aktiv sind. (Während des Saugakts wird das Blut angedickt: Überschüssiges Wasser und Salz wird über diese Alveolen vermutlich wieder in den Wirt abgegeben.) Der genaue Aufbau ist unterschiedlich und die Anzahl der verschiedenen Alveolen schwankt innerhalb der Ixodida. Diese Merkmale unterscheiden sich zwischen den Unterfamilien der Ixodidae. So kann man zB in der Unterfamilie Amblyominae allein vier verschiedene Typen von pyramidalen Alveolen unterscheiden. Die Leder­zecken (Argasidae) haben relativ kleine Speicheldrüsen. Bei ihnen werden im Allgemeinen alle Sekrete von einem einzigen Zellentyp abgesondert. Bei den Schild­zecken (Ixodidae) sind die paarigen Speichel­gänge weitläufiger und rispen­förmig verzweigt. Sie erstrecken sich oft bis zu den ⇒ Coxen des vierten Bein­paares. Die Speichel­gänge münden in das Gnathosoma. Die Alveolen liegen in Clustern an den Seiten­gängen. Das Volumen der Speichel­drüsen kann während des Saugakts stark ansteigen. Der Speichel enthält außer ⇒ analgetischen und gerinnungs­hemmenden Stoffen auch Stoffe, die auf das Nervensystem ⇒ toxisch wirken. Diese können bei einigen Zecken-​Arten zur sog. aufsteigenden Zecken­lähmung führen.

Tab. III.1: Sekrete der Speicheldrüsen. cit. Reuben Kaufman [1989].
Substanz Funktion
Histamin-​blockierende AgentienNur in Homogenaten nachweisbar. Funktion unbekannt oder spekulativ.
AntikoagulantiaAus verschiedenen Spezies berichtet. Es wird angenommen, dass es sich um Protein-​Kohlen­hydrat­komplexe handelt, die die Thrombokinase hemmen. Die Anti­gerinnungs­aktivität wurde in einigen Studien nicht gefunden. Manche Autoren behaupten, dass die Stichwunden von Zecken immer Heparin enthalten, das aus endogenen, degranulierten Mastzellen stammt. Daraus folgt, dass das Bedürfnis nach von den Zecken selbst produzierten Antigerinnungsmittel gering ist.
ZytolysineDie Funktion ist, die Stichwunde zu produzieren und zu vergrößern und folglich das Saugen zu er­leichtern. Im Speichel sind Esterasen und Phosphatasen gefunden worden. Obgleich eindeutige Beweise für das Vorkommen von Zytolysinen im Speichel von Leder­zecken gefunden wurden, dis­kutieren einige Autoren ihre Anwesenheit in den Ixodiden und schlagen stattdessen vor, dass die Gewebezerstörung in der Wunde auf die Reaktion des Wirtes auf das Blutsaugen zurück zu führen ist.
Vasoaktive MediatorenProstaglandine und einige andere Substanzen erhöhen die vaskuläre Permeabilität und erleichtern daher die Blutaufnahme.
Esterasen und Karbohydrat-​spaltende EnzymeDiese Enzyme erhöhen indirekt die vaskuläre Permeabilität durch Hydrolyse von Cholesterin-Estern in Mastzellen, dabei verursachen sie das Freiwerden von Histamin, 5-HT und anderen Mediatoren.
Paralyse-​auslösende ToxineNachgewiesen wurden solche das Wirtstier lähmenden Toxine im Speichel von Dermacentor andersoni Stiles, 1908 und von Ixodes holocyclus Neumann, 1899. Eine für die Zecke nützliche Funktion dieser Toxine konnte bisher nicht bestimmt werden.

Die Malpighischen Gefäße

Im Gegensatz zur ektodermalen Herkunft bei Insekten sind die „Nieren” von Zecken endodermale Bildungen. Sie heißen zwar auch Malpighischen Gefäße, sind aber keine homologen Bildungen. Es sind nur einseitig mit einem Ausgang versehene Ausstülpungen des Mittel­darmes. Im Falle der Parasitiformes handelt es sich um ein wohl entwickeltes Paar an Schläuchen, die sich im Leben lebhaft bewegen können. Die Malpighischen Gefäße dienen sowohl der Ausscheidung von kleinmolekularen Abfallstoffen als auch der Osmo­regulation. Der Austransport der Stoffe erfolgt aktiv durch Transportprozesse, Filtration spielt keine Rolle. Epithelzellen transportieren Kalium- und Natrium-​Ionen aus der Hämolymphe der Leibeshöhle in die Gefäße. An den Kalium-​Export ist der Wasserimport gekoppelt. Aufgrund eines elektrochemischen Gradienten kann auch die schwer wasserlösliche Harnsäure in die Gefäße transportiert werden. Die Harnsäure liegt in den Gefäßen kristallin vor und spart so Lösungs­mittel. Passiv werden auch Aminosäuren, Zucker, Harnstoff und andere Salzionen in das Lumen abgegeben. Der pH-Wert liegt in den Malpighischen Gefäßen bei etwa 6,8 bis 7,5. Aus dem so gebildeten isotonischen Harn werden im Enddarm aktiv Salzionen in die Hämo­lymphe der Leibes­höhle zurück gepumpt.


III.7 Das Blutgefäßsystem

Bild-Herz

Abb. 15: Schema des Herzens einer Schild­zecke. Hellrot: Ostien; rot: Herz; gelb: Aorta. Die sechs Beinaus­gänge sind erkennbar, sowie rechts ein Versorgungs­rohr zum Capitulum.

Viele Milben sind so klein, dass sie ein Herz und ein Blutgefäß­system zur Versorgung ihrer Körper­zellen nicht benötigen. Sie haben in diesem Fall dann auch keines ausgebildet. Über kurze Ent­fernungen reicht die Diffusion aus, um die Körper­zellen mit Nähr­stoffen zu versorgen und Abfallstoffe abzu­transportieren. Zecken sind aber sehr große Milben, sie benötigen ein Kreislauf­system, das allerdings offen ist. Das Blut ist daher identisch mit der in den Organ­zwischen­räumen befindlichen Gewebs­flüssigkeit. Deshalb wird es als Hämolymphe bezeichnet. Diese enthält einige Arten kernhaltiger Zellen. Als Antriebsmotor für den Blutfluss dient ein dorso-​medianer Schlauch, das Herz. Dieses wird im Laufe der Phylogenie immer weiter verkürzt. Zecken besitzen als hochentwickelte Arthropoden ein kleines, oft dreieckiges Herz mit einem Paar oder zwei Paaren von Eingangs-​Öffnungen, den Ostien. Das Herz nimmt das Blut aus einem umgebenden Sinus auf und pumpt es in eine relativ lange Aorta, von welcher acht kurze Beinarterien abzweigen. Am Ende der Arterien entlassen sie das Blut wiederum in die Organ­zwischen­räume. Der Blutfluss wird einerseits durch die Arbeit jener Muskeln erzeugt, die das Herz direkt bewegen, und andererseits derjenigen Muskeln, die Rücken und Bauch miteinander verbinden. Unten sieht man ein Schema eines Herzen einer Schild­zeckenlarve. Die Strömungsrichtung des Blutes ist vom Herzen zur Aorta, also nach ⇒ kranial gerichtet, das Vorderende der Larve liegt in diesem Schema zur rechten Hand.

Die Zusammensetzung des Zeckenblutes gleicht im Prinzip der der anderen Arachniden. Im Falle der Zecken gibt es einige Untersuchungen über die verschiedenen Zelltypen, die im Blut vorkommen. Unter diesen Zellen findet man auch solche, die Abfallstoffe und Eindringlinge beseitigen können.


III.8 Das Atmungssystem

Bild-Stigmeneingang

Abb. 16: Das Tracheensystem einer Schild­zecke , vom Körperinneren gesehen.

Atmung bedeutet bei landlebenden Tieren die Aufnahme von Luft-​Sauerstoff in den Körper und die Abgabe von Kohlen­dioxid. Zum Atmen bilden die höheren, land­be­wohnenden Arthro­poden ekto­blastische Einstülpungen der Cuticula aus. Diese Kanäle, Tracheen genannt, bilden eine innere Respirations­fläche. Die Ausformung der Atmungs­organe ist bei Milben recht unterschiedlich, einige Arten oder Stadien besitzen keine Tracheen. Sie nehmen den Sauerstoff vermutlich über ihr Integument auf. Die Zecken atmen als Larven auch nur über das Integument, sie besitzen als Stadien-​spezifisches Merkmal keine Tracheen und daher auch keine Tracheenöffnungen. Nymphen und Adulte leiten den Luftsauerstoff mittels Diffusion durch ein einziges Paar an Tracheenröhren in den Körper. Deren äußere Öffnungen mit den Hilfsorganen heißen in der Entomologie Stigmen oder, im Falle von Spinnentieren und anderen terrestrischen Arthropoden Spiracula, auch Spirakeln. Diese liegen bei den Nuttallielliden postero-​lateral zu den Coxen IV, bei den Schild­zecken hinter den Coxen des vierten Bein­paares, bei den Leder­zecken ventro-​lateral, neben den Coxen des dritten Bein­paares. Eine oft lidförmige Struktur, die Macula, schützt den unmittelbaren Eingang der Trachee und hält diesen Eingang, das Ostium, offen. Diese Struktur liegen auf einer sklerotisierten und von Kanälen (⇒ Aeropylen, auch Poren genannt) durchzogenen Stigmen- oder, präziser, Spirakular­platte. Deren Form und deren Größe sind für die einzelnen Taxa typisch. Im Allgemeinen haben Leder­zecken kleinere Spirakular­platten. Bei Schild­zecken ist der Rand der Spirakular­platte sklerotisiert. Die Spirakeln regulieren einerseits den Gas­aus­tausch und limitieren andererseits den Wasserverlust beim Atmen.

 

Bild-Spirakular­platte

Abb. 17: Ein rasterelektronenmikroskopisches Bild des Spiraculums von Ixodes ricinus. Legende: Mac: Macula; Ost: Ostium; Por: Poren. © Suppan et al. [2013].

Die Spirakular­platten sind von zahlreichen Poren durchbrochen, welche bei den verschiedenen Zecken-​Arten unterschiedliche Formen (rund, sternförmig oder andersartig) haben können und unterschiedlich angeordnet sind. Es ist nicht klar, ob diese nicht noch durch eine dünne Cuticula abgedeckt werden, deren Funktion man nicht kennt. Knapp hinter dem ⇒ proximal der Macula liegenden Atrium, einem Vorraum, verzweigen sich die Tracheen. Tracheen­gänge führen dann zu den Beinen und dem Synganglion, zu den Speicheldrüsen und den Geschlechtsorganen. Bei den Schild­zecken führen Tracheen vom Atrium unter die Spirakular­platten. Die Wände des Atriums können durch Muskeln bewegt werden. Hierdurch wird vermutlich ein aktiver Luftaustausch bewirkt, also die Diffusion unterstützt.


III.9 Das Zentralnervensystem

Bild-Ganglion

Abb. 18: Das Gehirn einer Zecke der Gattung Ornithodorus.
© Merdivenci [1969].

Das Zentral­nerven­system der Tiere besteht wie bei allen Arthropoden aus dem über dem Schlund gelegenen Ober­schlund­ganglion (= Gehirn) und dem durch Schlund­konnektive mit ihm verbundenen Bauch­ganglien­strang. Vom großen Ober­schlund­ganglion gehen ein Paar Gliedmaßenganglien, die Chelizeren­ganglien, ab. Das dahinter liegende Ganglienpaar, jenes, das zu den Pedipalpen führt, ist nicht (mehr) homologisierbar mit jenen anderer Arthro­poden , allerdings ist es sicherlich ein Teil der Unter­schlund­ganglienkette. Diese Kette von insgesamt neun Neuromeren (2-10) ist vollständig zu einer kompakten Unterschlund­masse verschmolzen und im Prosoma konzentriert. Dadurch bildet sich ein einheitliches, großes Zentrum, von dem der ganze Körper innerviert wird. Die ⇒ Zerebralisation in der Gruppe „höher entwickelte Milben” ist deutlich erkennbar. Deren Vorteil ist offensichtlich: Kurze Wege und damit kurze Schaltzeiten. Das Zentral­nerven­system der Zecken ist also kein Organ einer primitiven Gruppe, sondern ein besonders hoch entwickeltes und auf das Wesentliche reduziertes Organ eines stammes­geschichtlich alten Parasiten.


III.10 Die Sinnesorgane

Die Sinnesborsten

Die bedeutendsten Sinnesorgane der Milben sind Sinnesborsten, von denen es mehrere Typen mit unterschiedlicher Funktion gibt. Am häufigsten zu finden sind Tastborsten, andere dienen als Chemorezeptoren. Von einigen - erkennbar als Sinnesorgan genutzten - Borsten ist die Funktion ungeklärt.

Das Haller'sche Organ

Bild-Hallersches Organ

Abb. 19: Ein Falschfarben-​Mikrofoto des Haller'schen Organs von Ixodes ricinus.

An den vordersten Segmenten, den Tarsi, des ersten Bein­paares befindet sich ein, den Zecken und den holothyriden Milben eigenes, chemo­rezeptives Sinnesorgan, das Haller'sche Organ. Es wurde immer wieder behauptet, dass dieses Organ ein ⇒ autapomorphes Merkmal der Ordnung Ixodida ist, obgleich bereits in den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts das Vor­kommen dieses Organs bei den holo­thyriden Milben belegt war. cit. zB Vaan der Hammen [1983]. Der Grund war das geringe Interesse der Forschergemeinde an dieser artenarmen, vorwiegend an den Rändern des Indischen Ozeans vorkommenden, vermutlichen Schwestergruppe der Ixodida.

Das Haller'sche Organ besteht aus einer mehr oder weniger flachen, manchmal an der Spitze einer Erhebung gelegenen, dann kraterförmigen Grube auf der Oberseite des ⇒ Tarsus des ersten Bein­paares und einer dahinter liegenden, in den Tarsus eingesenkten, manchmal durch ein Dach fast geschlossenen Kapsel. In beiden Strukturen stehen Sinnesborsten. Diese können manchmal so lang sein, dass sie aus der Öffnung der Kapsel hervor schauen. Diese Eigenheit kann man im Bild rechter Hand gut erkennen. Auch vor, zwischen und hinter diesen beiden Einsenkungen stehen Borstenhaare (⇒ Setae), die häufig in einer arttypischen Weise angeordnet sind. Die vordere Grube scheint eher ein Feuchtigkeitsrezeptor zu sein. Die Borstenhaare (Setae) der Kapsel dagegen dienen als Chemo- und Mechano­rezeptoren. Sie stehen auf dem Grund der Kapsel und zeigen alle in Richtung der Öffnung. Das Haller'sche Organ, das alle postembryonalen Stadien, dh alle Entwicklungs­stadien besitzen, ist ein komplexes sensorisches Organ, das in der olfaktorischen Wirts­findungs­aktivität der Zecke seine besondere Bedeutung hat, da es ⇒ Allomone erkennen kann. Die Rezeptoren im Haller'sche Organ ermöglichen es der Zecke, Kohlendioxid, Ammoniak, Schwefel­wasserstoff und eine Vielzahl organischer Komponenten wie zB Benzaldehyd wahrzunehmen, die im Atem oder Schweiß ihrer Wirtsarten vorkommen. Vereinfacht gesagt, das Haller'sche Organ dient dazu, chemische Verbindungen- tieren, die bei der Wirtsfindung eine Rolle spielen.

Das Haller'sche Organ ist ein uraltes, von den Ursprungs-Arten stammendes Merkmal der Ixodida und der Holothyrida. Die unterschiedlichen Formen des Haller'sche Organs innerhalb der Ixodida könnten daher evolutionäre Entwicklungsschritte widerspiegeln. So nimmt man an, dass innerhalb der Leder­zecken dachlose (cit.: "unroofed") Haller'sche Organe ursprüngliche, primitive Strukturen sind. cit. Hoogstraal et al. [1984]. Allerdings sind sich die Autoren in dieser Studie selbst nicht ganz sicher, ob die Dachlosigkeit nicht doch eher der Funktionalität zuzurechnen ist, schreiben sie doch ". . . the unroofed Haller's organ may be interrelated phylogenetic and biological factors."

Die Augen

Bild-Bau des Auges

Abb. 20: Schematische Darstellung eines Zeckenauges.
© Merdivenci [1969].

Bild-Augen

Abb. 21: Die Lage der Augen am Schildrand einer Schild­zecke.

Die Augen der Arachniden bestehen aus einer Linse mit einer dahinter liegenden, halbrunden Netzhaut. Mutmaßlich waren die stammesgeschichtlich ursprünglichen Arachniden mit drei Augenpaaren ausgestattet. Im Falle der Milben sind diese sechs Augen größtenteils der sekundären Reduktion von Organen zum Opfer gefallen: Milben haben häufig gar keine Augen. Dafür finden sich bei vielen Milben Ocelli (Äuglein). So werden lichtempfindliche Stellen auf der Körperoberfläche genannt, hinter denen jedoch kein optischen Apparate stehen. Diese bilden allerdings die Umwelt nicht ab, sondern die Tiere können nur das Maß an Helligkeit erkennen. Die Ocelli sind also Tag-​Nacht- und Untergrund-​Höhle-​Rezeptoren.

Obgleich einige mitteleuropäische Zecken­gattungen (Argas, Ixodes, Haemaphysalis) gar keine erkennbaren Lichtsinnes­organe besitzen, geht man dennoch davon aus, dass Zecken aller Gattungen Licht von Dunkelheit unterscheiden können. Im Falle jener Schild­zecken, die Augen besitzen, sind diese, immer nur zwei, in kleine Gruben eingesenkt und links und rechts am ⇒ lateralen Rand des ⇒ Scutums positioniert. Beäugte Leder­zecken hingegen haben die Augen an der ventro-​lateralen Körper­oberfläche, lateral zu den Beinen. Vor allem die Pirsch-​jagenden „Laufzecken” scheinen ihre Wirte mittels ihrer Augen wahrzunehmen.


III.11 Das Geschlecht

Die Geschlechtsbestimmung

Die Geschlechtsbestimmung erfolgt bei den Milben durch recht unterschiedliche Methoden, bei den Zecken wird das Geschlecht durch Geschlechtschromosomen (Gonosomen) festgelegt. Diese sind meist deutlich größer als die anderen Chromosomen, die Autosomen, und an ihrer Größe leicht zu erkennen. Die Weise der Geschlechtsdetermination ist unterschiedlich: Viele Schild­zecken-​Arten und die Leder­zecken besitzen X und Y-Chromosomen. Weibchen sind durch XX determiniert und daher homozygot, das Männchen durch XY (XX:XY-System). Nach anderen Autoren besitzen Schild­zecken nur X-Gonosomen, Weibchen haben zwei davon, also XX, Männchen hingegen nur eines (XX:X0-System). Die Art Haemaphysalis sulcata ist detaillierter studiert worden: Der diploide Chromosomensatz des Weibchens beträgt (2n =) 22 und die Geschlechtsbestimmung erfolgt durch das XX:XO-System. cit. Valero et al. [1997]. Dies führt dazu, dass Männchen ein Chromosom weniger besitzen als Weibchen; in diesem Fall also 2n = 21. cit. Oliver [1964]. Wieder andere Schild­zecken besitzen vielleicht mehrere Geschlechtschromosomen (zB Typ X1X1X2X2:X1X2Y). Die Realisation dieser Möglichkeiten schwankt nicht nur innerhalb der Familien und Gattungen, möglicherweise können sogar bei verschiedenen Populationen einer einzigen Art Unterschiede in der Geschlechtsbestimmung auftreten. Im Falle der Verwirklichung dieser Annahme ist allerdings der Genfluss innerhalb der „Art” unterbrochen und damit definitionsgemäß die Existenz mehrere Arten bewiesen, die Kryptoarten sind.

Die sekundären Geschlechtsmerkmale

Der Unterschied zwischen den Geschlechtern in den sekundären Geschlechts­merkmalen ist bei den Leder­zecken (Argasidae) marginal. Bei den Schild­zecken (Ixodidae) sind die Männchen im Allgemeinen etwas kleiner als die Weibchen. Ihr Rücken ist vollständig vom Scutum bedeckt, während es bei den Weibchen nur einen kleinen Teil des vorderen Rückens verdeckt. Bei etlichen Arten ist bei den Männchen das ⇒ Hypostom verkümmert oder ungewöhnlich pilzförmig geformt. Auch besitzen nur die Weibchen der Schildzecken ⇒ Areae porosae.

Die weiblichen Geschlechtsorgane

Bild-Weiblicher Geschlechtstrakt einer Lederzecke

Abb. 22: Der Geschlechtstrakt eines Weibchens der Leder­zecke Argas persicus. Abbildungs­legende: VV: Vestibulum vaginae; AG: akzessorische Drüsen; CV: Uteruszugang; U: Uterus; OD: Ovidukt; OV: Ovarien.

Im Geschlechts­trakt einer weiblichen Leder­zecke folgt hinter dem Vaginaleingang das Vestibulum vaginae eine Art Vorraum, in das die akzessorischen Drüsen münden. Dahinter folgen dann der Uteruszugang und der Uterus. Von diesem gehen zwei Ovidukte oder Eileiter ab, die schließlich in den Ovarien oder Eierstöcken enden. Bei den Schild­zecken sind die Ovarien ebenso wie die Ovidukte asymmetrisch angelegt und stark gewunden.

Wenn das Weibchen Blut gesogen hat, setzen sich Oozyten oder Eimutterzellen an den Wände der Ovarien fest und fangen an auszureifen. Während dieser Zeit verlängert sich das Ovarium und fängt an, sich zu falten und zu winden. Die reifen Oozyten, das sind die unbefruchteten Eier, lösen sich von den Wänden der Ovarien und sammeln sich in der Flüssigkeit.

Die Anzahl der Eier ist sehr unterschiedlich. Schild­zecken, die nur einmal in ihrem Leben Eier legen, können sehr viele produzieren; Ixodes ricinus (Linnaeus, 1758) legt mehrere tausend Eier, angeblich bis zu 10 000. Leder­zecken dagegen legen deutlich weniger, 50 bis einige hundert, dafür aber mehrfach.

Das Gené'sche Organ

Bild-Genesches Organ von Hyalomma asiaticum

Abb. 23: Das Gené'sche Organ von Dermacentor reticulatus. Abbildungslegende: A: Öffnung; C: Corpus = kutikulärer Sack ; H: Hörner; L: Lumen zwischen dem Epithelial- und dem Cuticularsack; MD: Hauptausführgang der Drüsen; TE: tubuläre Endstücke; TG: tubuläre Drüsen; R: Retraktormuskeln.
© Schöl et al. [2001].

In wahrscheinlich allen adulten, weiblichen Zecken findet sich eine Drüse, das Gené'sches Organ, mit Hilfe derer die Zecke ihre Eier mit einer Wachshülle versieht. Diese Drüse ist einzigartig in der ganzen Tierwelt, es handelt sich also um ein ⇒ autapomorphes Merkmal der Zecken. Das Gené'sche Organ besteht aus einem Flaschenboden-​förmigen Innenraum, in den zwei (Leder­zecken?) oder vier Ausführgänge der Drüsen münden. Im Innenraum befindet sich ein zylindrischer „Corpus” aus nicht näher definiertem Material, der ⇒ proximal zwei, nach anderen Meinungen vier, Hörner ausbildet. Distal liegt die ovale Öffnung nach außen. Diese Öffnung des Gené'schen Organs liegt in einer Spalte hinter dem postero-dorsalen Rand der

Bild-Genesches Organ von Nuttallielliden

Abb. 24: Das Gené'sche Organ von Nuttallielliden. Abbildungslegende: al: antero-​laterales Drüsen-​Taschenpaar (DTp); ml: mittig-​laterales DTp; vl: ventro-​laterales DTp; d: Dorsaltasche; Hg: Hauptgang.
© El Shoura et al. [1984].

⇒ Basis capituli und damit unter dem ⇒ kranialen Rand des Scutums von Schild­zecken. Die im Inneren liegenden Ausführgänge führen zu tubulären Strukturen, die als ein (?) bis vier „Büschel” angeordnet das Drüsengewebe bilden. Diese Drüsenbüschel sind in der Lebensphase der Zecke vor dem Eierlegen nicht ausgebildet, die Gänge enden blind. Zum Eierlegen wird der Corpus vollständig ausgestülpt, er kann nach jedem Ei wiederum mittels Retraktormuskeln in den Körper der Zecke zurückgezogen werden. Das nebenstehende Schema zeigt das Gené'sche Organ von Dermacentor reticulatus mit vier Seitengängen und den tubulären Drüsengängen.

Das Gené'sche Organ der Nuttalliellidae ist in seinem Bau einzigartig innerhalb der Zecken. Es liegt unterhalb der Position am Rücken, an der beim Männchen das Pseudoscutum liegt, und es besteht aus sieben Drüsen-​Taschen: Eine einzelne, die dorsale, und drei in Paaren angeordnete: Ein antero-​laterales, ein mittig-​laterales und ein ventro-​laterales Paar. Diese münden in einen Hauptgang, der nach außen führt. Er endet in einem transversalen Schlitz in der dorsalen Körperwand. Dieser Schlitz liegt dort, wo beim Männchen der Vorderrand des Pseudoscutums und der postero-​dorsale Rand der ⇒ Basis capituli liegen. Vor der Außenöffnung ist der Hauptgang noch von einigen kleinen Bläschen umgeben, die sich durch enge Verbindungen in ihn hinein öffnen. cit. El Shoura et al. [1984]. Es ist nicht bekannt, ob dieses Organ in gleicher Weise wie unten beschrieben seine Aufgabe im Rahmen des Eierlegens erfüllen kann oder aber eine einfacher konstruierte Vorläuferstruktur mit gleichen oder ähnlichen Funktionen ist. Ich meine, dass eine Reduktion von sieben Drüsensäcken zu vier ähnlich aussehenden, paarig angelegten tubulären Drüsen kaum vorstellbar ist. Mit dieser Ansicht ergibt sich zwingend, dass das Gené'sche Organ der Nuttalliellidae keine Vorläuferstruktur aller Gené'schen Organe ist, sondern eine eigenständige Entwicklung.

Der Prozess der Eiablage ist eine stereotype Sequenz von mehreren, zeitlich exakt koordinierten, aufeinander folgenden und ineinander greifenden Vorgängen. Zum Eierlegen krümmt sich das Weibchen nach unten und hinten und bringt sein ⇒ Capitulum unter den Bauch in Richtung der ⇒ Genital­öffnung. Die Eiablage wird durch dieses Absenken des Capitulums eingeleitet, gleichzeitig werden die Pedipalpen gespreizt und bis zur ventralen Körperwand abgesenkt. So wird die Geschlechtsöffnung beidseitig umfasst. Unmittelbar daran schließt sich mehrfach ein Aus- und Einstülpen des Corpus des Gené'schen Organs an, das schließlich in einer maximalen Entfaltung des kutikulären Sacks (= Corpus) endet. Das Vestibulum vaginae wölbt sich nun röhrenförmig vor, wird zu einem Ovipositor und übergibt ein Ei nach einem kurzen, breitflächigen Kontakt mit dem kutikulären Sack an dessen beiden Hörner. Das austretende Ei wird etwa zwei Minuten lang von den Pedipalpen (?) um die Hörner des Gené'sche Organs gedreht und so mit einer Wachshülle überzogen. Danach wird der Ovipositor wieder zurückgezogen, die Pedipalpen werden geschlossen und der kutikuläre Sack retrahiert. In der folgenden Endphase des Eiablageprozesses befördert die Zecke das Ei mittels einer kräftigen Aufwärtsbewegung des Capitulums auf ihren Rücken oder - möglicherweise artabhängig - vor sich auf den Boden. Das Capitulum kehrt auf seinen ursprünglichen Platz zurück. Eier, denen die Wachsschicht fehlt, haben nur minimale Überlebenschancen. Sie trocknen aus und schrumpfen - es wird allerdings auch behauptet, dass diese Wachsschicht ein starkes, räuberische-​Milben-​tötendes Gift enthält. Verändert cit. Schöl et al. [2001].

Die männlichen Geschlechtsorgane

Bild-Männlicher Geschlechtstrakt einer Schildzecke

Abb. 25: Der Geschlechtstrakt eines Männchen von Dercamentor andersoni. Abbildungslegende: TE: Testes; VD: Vas deferens; AG: akzessorische Drüsen; EjD: Ejakulationsgang.

Der männliche Geschlechtstrakt besteht aus den folgenden Teilen: Den Testes oder Hoden, einem Vas deferens oder Samenleiter, den akzessorische Drüsen und einem Ejakulationsgang. Männliche Zecken besitzen zwei paarig angeordnete Hoden, welche in der Gruppe der Leder­zecken an ihrem Ende durch eine kleine Brücke verbunden sind. An ihrem unteren Ende verengen sich die Hoden zu den Samenleitern. In der ⇒ proximalen Spitze der Hoden werden die Spermatogone gebildet, die dann die Testes hinabwandern, sich dabei im Inneren der Hoden teilen und schließlich Zysten bilden, in deren Inneren die Samenzellen gebildet werden. Diese Zysten wandern in die Vasa deferentia ein, welche als Samengänge und -​behälter dienen. Dort löst sich die Membran, die die Zyste zusammenhält, auf und eine sekundäre Zyste wird gebildet, in der schließlich die Samenzellen endgültig ausreifen. Während der Paarung wandern diese sekundären Zysten in den Ejakulationsgang, mischen sich dort mit der Flüssigkeit aus den akzessorischen Drüsen und werden in eine ⇒ Spermatophore eingeschlossen. Die Spermatophore wird abgesetzt und härtet beim Luftkontakt aus.